Post Wellness Depression
Ich liege im Warmwasserbecken am Morgen. Es ist alles, wie es sein soll.
Der Lieblingsberg von mir hat schon einen Schneeglanz und schimmert im ersten Sonnenlicht.
Der Wind rauscht durch die Wälder, gleich wird es ein wunderbares Frühstück geben.
Vielleicht sogar eines mit Omelett. Das Ambiente ist ausgesucht, das Haus macht Freude.
Ich bin in einem der Paradiese, die man für einen Tausender am Wochenende kaufen kann. Und trotzdem kommt die Freude nicht zu mir.
Traurig bin ich. Darüber, dass ich danach aber, nach dem Bad und dem Frühstück, meine Sachen packen und weiterlaufen werde.
Das Wasser ist vom Körper geronnen, das Frühstück liegt schwer im Magen, es war vielleicht zu reichhaltig. Und ich verlasse wie ein nasser Kater das Haus.
Ich bin jetzt traurig, dass ich nachher genau so gehen muss. Traurig darüber bin ich schon, seit ich wieder die Schwelle hier hinein betreten habe.
So überkommt es mich immer dann, wenn der Wechsel von der Sauna zum Dinner, vom Dinner zur Bar, von der Bar zum Bett und vom Bett zur warmen Wasser alles doch für einen Moment leise werden lässt.
Kaum bin ich da, schon wieder am Gehen.
So sehr ich mich auch bemühe, ich kann mich nicht anhalten, kann das Glück nicht zum Stillstand bringen und es wie eine Fotografie von allen Seiten betrachten.
Immer dringt schon der Verlust darüber wie die Kälte einer offenen Türe in mich ein. Und nichts von alledem ist neu für mich. So oft ich auch hier bin, es umfängt mich immer diese Schwermut.
Fast hätte ich schon nicht die Türe zu diesem Ort aufmachen wollen, fast wäre ich versucht gewesen, alles nur einen Traum sein zu lassen und erst gar nicht den Weg hierher aufzunehmen.
Fast wäre mir ein Traum lieber als eine reale Reise gewesen.
Denn im Traum können wir anhalten, eine stillstehende Rückwärtsbewegung in einer Schleife fabrizieren, die uns schwerelos im reinen Glück verharren lässt.
Bis wir aufwachen und uns ihrer erinnern können.
Aber sobald es wieder Morgen wird, bleibt nur die Trauer über den zu Ende gegangenen Traum und den hereinbrechenden Tag.
Nicht viel anders ist es nun, mit allem ausgestattet, das mir ein warmes Gefühl des Glücks bescheren soll.
Unwichtig dabei, wie viel Zeit vom Betreten des Ortes bis zu seinem Verlassen auch verstreichen mag.
Nie hört die Traurigkeit auf in die Gedanken zu kriechen. Ich habe es versucht, ich bin eine Woche vorher schon angekommen und konnte doch mein Glück nicht einen Moment fassen.
Immer stand da schon ein „vorbei“ vor mir und deckte alles andere einfach zu.
Immer schon begann der nächste Gedanke mit „noch“. Nie stand etwas still. Egal wie lange ich es versuchte.
Natürlich komme ich seitdem wieder und probiere es weiter, so bald als möglich.
Es ist das Versprechen, das es mir leicht machen soll und dort nur auf die Abreise hindeutet.
Natürlich will ich einfach immer wieder ankommen, nie wieder abreisen.
Doch wenn ich den Ort betrete, dauert das nur einen Augenaufschlag, und der Gedanke an die Abreise frisst die restliche Zeit darin auf. Ein makelloses und unbarmherziges Ritual, fast einem Stierkampf gleich.
Nur das Tier glaubt noch, dass es lebte. Während das Publikum bereits seinen Tod vor Augen feiert.
Fast ist es mir, als würde sich der Tod zum ersten Mal immer dann zeigen, wenn das Leben ein grosses Glück ausschütten sollte.
Er zeigt sich nur, er will nicht bleiben, er geht noch einmal weiter, um wieder zu kommen und zu sagen: es gibt mich bald für immer. Nur dass Du es schon einmal weisst.
Wenn ich jetzt im Wasser die Augen niederschlage, dann kann ich es gemein wispernd hören.