Das Pflaster im Dorf

Ich frage mich ja nur.

Warum pflastern sie hier ein ganzes Dorf mit Fusswegen zu?

Warum reissen sie den Teer der ehemaligen Dorfstrasse auf und versetzen einen ganzen Ortskern in ein einziges Pflastergewirr aus Mustern und einer mittigen Abflussrinne?

Warum legen sie einen Granit durch den Ort, dessen Bruch nicht aus den Bergen um den Ort herum, sondern aus einer anderen Gegend des Landes kommt?

Warum klopfen Männer wochenlang Steine in den Boden, die Muster und Gegenmuster in die Strassen zeichnen, die es Frauen mit spitzen Schuhen und Kindern, die gerne barfuss gelaufen wären, verunmöglichen, aufrechten Schrittes durch den Ort zu gehen?

Warum müssen die Strassen jetzt wie die Dächer des Dorfes aussehen, deren viel zu genau geschnittenen Schieferschindeln auch schon längst nicht mehr vom Berg über dem Dorf stammen?

Was hat denn ein Ort davon, überall gleich und historisch aussehen zu wollen, dann aber doch die Häuser aus den 70ern stehen zu lassen, die sich so gar nicht wie die Bauten aus dem vorherigen Jahrhundert davor oder die wieder nachgebauten anschauen lassen?

Warum kommen Männer aus dem Tal herauf, um diese Strassen zu pflastern, während die Männer aus dem Dorf ihnen dabei zuschauen und gelangweilt, die Hände in den Hosentaschen herumstehend, nur alle paar Stunden den Pflasterern zunicken?

Warum muss das Pflaster aussehen wie das Brummen des Dorfältesten auf ein freundliches „Guten Morgen“? Düster, in sich gekehrt, rau.

Warum darf es neben dem Pflaster oder gar zwischen den Kantsteinen keinen weichen Punkt geben, auf dem man seinen Füsse ausruhen lassen will?

Wer wäscht das Pflaster, wenn es der Regen im trockenen und heissen Sommer nicht tut?

Wer wird die gesprengten Steine, die das Eis im Winter zertrümmert, ersetzen?

Wann wird das sein?

Was, wenn keiner das Pflaster wollte, und es keinem mehr gefällt?

Wird man dann damit ein anderes Dorf pflastern?

Was, wenn das Pflaster vier Meter vor dem Dorfende plötzlich ausgeht?



Creative Commons Lizenzvertrag
Das Pflaster im Dorf von Harald Taglinger steht unter einer Creative Commons Namensnennung-Nicht-kommerziell-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Schweiz Lizenz.
Über diese Lizenz hinausgehende Erlaubnisse können Sie unter http://www.taglinger.ch/ erhalten.



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