Das Scheiden der Lämmer - Ehegatter als Starthilfe

Auf halber Höhe zwischen Dorf und Bergstation besitzt die Gorner Alm zunehmende Bekanntheit. Dort hat es sich ein Bauer zum Ziel gesetzt, die schwindende Zahl an Ehen zwischen seinesgleichen und der weiblichen Bevölkerung im Tal auszugleichen. Zu diesem Zwecke veranstaltet er in den ersten Wochen des Sommers ein Fest mit Tanz und Musik, das sich gro§er Beliebtheit erfreut und rege frequentiert wird. Als besondere Einlage während des Festes lassen sich die Männer und Frauen in ein Labyrinth aus Gattern führen. Diese Holzzäune bilden lange, gewundene Gassen und dienen sonst der Trennung von Schafen am Ende eines Sommers. Der Bauer steht am Höhepunkt des Festes mit einer Schreckschusspistole am Ausgang des Gatters und feuert dreimal in die Luft. Unter Jauchzen laufen diese beiden Gruppen dann aufeinander zu und fallen sich am Ende ihres Weges in die Arme. Bisher entstanden auf diese Weise noch keine lang anhaltenden Gemeinschaften, allerdings kann ein Ansteigen der Scheidungsrate im Dorf verzeichnet werden. Dem Amusement tut dies keinen Abbruch. Offizielle Stellen haben trotzdem ein Auge auf die Vorkommnisse geworfen. Die so bekannt gewordene Alm wurde schon mehrmals von Regierungsbehörden inspiziert und mit strengeren Hygienevorschriften versehen. Der Bauer hat sich all diesen Vorschriften gewissentlich unterworfen und kurz danach umso mehr die Werbetrommel gerührt. Frauenvereine im Dorf haben auch nach wiederholten Protesten des Dorfgeistlichen nicht interveniert. Es herrsche bei diesem Treiben zum ersten Mal seit Jahrhunderten Chancengleichheit in der Partnerwahl. Zwar lebe man im 21. Jahrhundert längst aufgeklärt und selbstbestimmt, lasse sich nicht mehr wie früher verheiraten. Aber wegen des eher zurückgezogenen Lebens der hiesigen Männer auf dem Berg bedürfe es gewisser Plattformen zur Begegnung zwischen den Geschlechtern. Zudem: Es seien bisher kaum Touristen bei diesem Ereignis gesichtet worden. Niemand mühe sich hier herauf. So sei das Dorf weiterhin unter sich. Weiterhin kratzt der genannte Bauer so an einem alten Tabu des Tales. Während früher selbst der Gang auf den Berg unter Strafe stand, dient er heute als erweiterte Bühne für den Versuch, das Tal vor dem Aussterben zu bewahren.

Die Termine für den nächsten 'Tanz'
18. Juni, ab 19.00 Uhr
25. Juni, ab 19.00 Uhr
Bus 45 bringt die Teilnehmer bis 15 Minuten unterhalb
der Alm an die Endhaltestelle 'Gorner'.